Die MOON North Collection mit dem
Streaming-Vorverstärker 791 und der Endstufe 761
im LowBeats-Exklusivtest: Ein Fest für alle Sinne (Foto: F. Borowski)
Test Streaming-Vorstufe plus Endstufe
MOON
791 + 761: bis zum Mond und noch viel weiter!
Frank
Borowski
Bereits auf der High End 2023 stellte der kanadische
Hersteller Simaudio die neue North Collection seiner
Marke Moon vor. Es dauerte noch eine Weile bis zum
Marktstart, doch nun ist es so weit. LowBeats hat sich
exklusiv die beiden mittleren Modelle der North
Collection zum Test gesichert – die
Streaming-DAC-Vorstufe 791 und den Stereo-Endverstärker
761. So viel sei vorab verraten: die Kombi aus Moon 791
+ 761 hat uns mächtig beeindruckt.
Die MOON North Collection im Überblick
Die neue North Collection der Marke Moon des kanadischen
Herstellers Simaudio: Die junge Komponentenfamilie aus
Boucherville in der Provinz Quebec besteht derzeit aus
drei „Serien“ mit jeweils zwei Geräten. Den Einstieg
bilden die Modelle mit einer 6 in der dreistelligen
Bezeichnung. Im Einzelnen sind das:
„Serie 6“:
641 Vollverstärker
681 Streaming-DAC
„Serie 7“ (hier im Test):
791 Streaming-DAC-Vorverstärker
761 Stereo-Endverstärker
„Serie 8“:
891 Streaming-DAC-Vorverstärker
861 Stereo-Endverstärker
Die North Collection stellt für Moon in vielerlei
Hinsicht einen Paradigmenwechsel dar. Als umfassende
Neuentwicklung sollen die Komponenten mit verschiedenen
über Jahre entwickelten Technologien bahnbrechende
Verbesserungen bei allen klangrelevanten Parametern
bieten.
Interessant ist dabei die Zusammenstellung der
Baugruppen in den Komponenten. Immer geht es (neben
analogen Quellenoptionen) um Streaming und D/A-Wandlung
plus Verstärkung. Doch während Simaudio sich bei den
600er Modellen dafür entschieden hat, die
Lautstärkeregelung einem Vollverstärker zu übertragen,
ist dieser Schritt in den 700- und 800er-Komponenten in
einer Vorstufe integriert, während die Endverstärkung in
einem separaten Gerät erfolgt.
Nach Dutzenden getesteten Streaming-Lösungen in allen
Klassen und in allen Kombinationen, halte ich die
Integration von Streaming, DAC und Vorverstärkung in
einem gemeinsamen Gehäuse für den besten Weg. Mehr
Separation muss nicht sein. Kurze Signalwege und optimal
aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel der digitalen
Baugruppen und die Anbindung an den analogen Teil der
Signalkette sind damit – meiner Einschätzung nach –
technisch am besten zu lösen. Außerdem bieten
Streaming-DAC-Vorstufen einen hohen Grad an Flexibilität,
wenn es um die Verbindung mit Verstärkern oder
Aktivlautsprechern geht. Die Variante mit Streaming-DAC
und Vollverstärker (wie beim Moon 641 / 681) bietet aber
den gleichen Grad an Integration in zwei Komponenten.
Somit ist es eher eine Frage der Prioritäten. Mit der
Moon North Collection hat Simaudio beide Lösungswege im
Angebot. So oder so bleiben damit der Gerätepark wie
auch der Verkabelungsaufwand überschaubar.
Mit rund 48 x 45 cm und weit außen liegenden Füßen
benötigen die Geräte der North Collection relativ große
Stellflächen
Ein Blick auf den Materialaufwand oder spätestens auf
die Preise macht klar, dass sich Moon mit allen Geräten
der North Collection auf hohem High-End-Niveau bewegt.
Auch wenn es keinerlei Rückschlüsse auf die tatsächliche
Qualität zulässt, bekommt der Kunde für sein Geld hier
auch ordentlich was geboten. So wiegt allein die
Vorstufe 791 so viel, wie bei anderen ein ausgewachsener
Vollverstärker. Die Endstufe 761 ist mit deutlich über
30 Kilo ein noch dickerer Brocken. Mit rund 48 cm Breite
und fast 45 cm Tiefe benötigen die Geräte auch ein
ordentlich großes Rack. Zumal die speziellen Gerätefüße
extrem weit außen angebracht sind.
Funktional sind die Streamer der North Collection voll
auf der Höhe der Zeit. Fast alle gängigen Formate,
Protokolle und Dienste werden unterstützt. Dazu gehören
Bluetooth, AirPlay (aber kein ChromeCast), DLNA/UPnP und
Roon Ready (bereits zertifiziert). Auch das inzwischen
vom Aussterben bedrohte MQA wird unterstützt. An
Streamingdiensten sind Qobuz, Tidal (Connect), Spotify (Connect),
Deezer und HighRes-Audio an Bord, sowie Internetradio
und Podcasts. Die DAC-Sektion unterstützt PCM bis 384
kHz und DSD256.
Alle Produkte von Moon sind „Made in Canada“. Die
Fertigung auch der aufwändigen Gehäuse und natürlich die
komplette Montage findet in-house statt. Moon legt sehr
großen Wert auf Nachhaltigkeit und Langlebigkeit ihrer
Produkte. So scheuen sie sich nicht, großzügige 10 Jahre
(eingeschränkte) Garantie zu gewähren. Im Display des
791 erscheint beim Einschalten auch kurz der Moon-Slogan:
„The performance of a lifetime“.
1. Blick in die Fertigung bei Moon, wo auch die
Gehäuseteile selbst hergestellt werden. Hier eine
CNC-Maschine
2. Geräte der North Collection auf dem Prüfstand
3. Vieles ist bei Moon Sache für kundige Hände
Sehen wir uns das mal genauer an…
Moon 791 + 761: das Design
Eingefleischte „Bauhausianer“ werden vermutlich gar
nicht bis zu diesem Punkt gelesen haben. Ein Blick auf
die North Collection und sie sind raus. Denn das
skulpturale Design mit üppigen Rundungen und vielen
verspielten Details dürfte Verfechter des Minimalismus
und Freunde gerader Linien und rechter Winkel kaum
ansprechen…
Und doch sind etliche optische Reize gesetzt. Da wären
zunächst die beiden dicken, silbernen Wangen aus
massivem Aluminium an der Front, die das in Schwarz
gehaltene Hauptgehäuse einrahmen. Ein Merkmal, dass es
auch schon in früheren Moon-Serien gab. So wie auch die
vier silbernen Elemente etwa in der Form von Kreiskolben
aus Wankelmotoren, die als Pylonen dienen und die
relativ kleinen, konisch geformten Gerätefüße halten.
Auch aus der Vogelperspektive betrachtet sind die
Moon echte Hingucker (Foto: F. Borowski)
Die Vorstufe besitzt einen herrlich großen, traumhaft
leicht und sanft laufenden Lautstärkeknopf. Der dient
auch zur Auswahl von Menüpunkten. Ein weiteres Highlight
des 791 ist sein Display. Zuerst war ich ein wenig
enttäuscht, denn der Ausschnitt in der Gerätefront
suggeriert ein sehr breites Display. Tatsächlich ist es
aber schmaler als der Ausschnitt und hat nur rund 4 Zoll
Diagonale. Es ist somit weder spektakulär groß, noch hat
es eine Touch-Funktion. Aber dafür bietet es einen
fantastischen Kontrast und große Helligkeitsreserven.
Selbst in direktem Sonnenlicht ist es auch aus einer
gewissen Entfernung perfekt abzulesen und überzeugt mit
strahlenden Farben. In puncto Ablesbarkeit ist es
beinahe jedem anderen Display, das mir je in Streamern
untergekommen ist, klar überlegen. Sechs unauffällig in
die Front eingelassene Tasten bieten des Weiteren
Zugriff auf diverse Funktionen.
Die schwarzen und ebenfalls sehr massiven Seitenteile
sind Kühlkörper, deren Rippen beim 791 nur leicht
ausgeprägt sind, während sie bei der Endstufe deutlich
mehr Kühlfläche bieten. Die Rippenstruktur selbst hat
eine konkave Formgebung und alle Kanten sind gut
abgerundet. So kann man zur Not selbst den schweren Amp
ohne Schutzhandschuhe heben – dem Rücken zuliebe aber
besser nicht.
Das Gehäusedesign ist voller Details. Die
Verarbeitung ist hervorragend
Selbst der Gehäusedeckel ist nicht einfach nur eine
rechteckige Platte. Zu den Rändern leicht abfallend
besitzt der Deckel des 791 seitlich zwei Schlitze am
Übergang zu den Kühlelementen, die an Strömungsöffnungen
sportlicher Autos erinnern. Bei der Endstufe 761 sind
zusätzliche Belüftungsöffnungen in der Motorhaube.
Die schwarzen Gehäuseteile sind mit einer relativ
kräftig texturierten, matten Oberflächenbeschichtung
versehen. Die ist wunderbar unempfindlich für
Fingerabdrücke, sehr robust und fühlt sich toll an. Ganz
anders, als herkömmliche, schwarz eloxierte Alugehäuse,
die man sich nur mit Handschuhen anzufassen traut. Mein
Bruder beschrieb es treffend und bündig so: „Wie Nextel,
nur in schön.“ Als krönenden Abschluss haben alle
Komponenten der North Collection eine große silberne
Logo-Platte auf dem Deckel, die aber nicht einfach nur
plan aufgeklebt, sondern in den Deckel eingelassen ist.
Die Betriebs-LED der Endstufe und die große
Logo-Platte
Die jüngste Moon-Serie wurde im Vergleich zu früheren
Modellen in weiteren Details verfeinert. So gibt es
unter anderem im Deckel keine sichtbaren Schrauben mehr,
was das Erscheinungsbild etwas gediegener und
schlüssiger macht. Auch die nun vertikal statt zuvor
horizontal angeordneten Kühlrippen wirken stimmiger.
An den Rückseiten offenbart sich ebenfalls die Klasse
der kanadischen Klangskulpturen. Stabile Buchsen und
solide Terminals erwartet man in dieser Klasse natürlich,
aber erwarten und bekommen sind oft zwei verschiedene
Dinge. Hier ist alles vom Feinsten.
Solch üppige Designs sind im Gegensatz zu eher
konsensfähigen Minimal-Looks stets polarisierend. Ich
für meinen Teil finde es grandios schön. Vielleicht ist
es nicht so zeitlos, aber dafür auch weniger langweilig.
So manches puristische Design sagt mir ebenfalls zu,
doch mutige und inspirierte Ansätze wie bei Moon finde
ich aufregender – jede Jeck is anders.
Die Fernbedienung BRM-1
Mit Design geht es nahtlos weiter. Die außergewöhnlich
gestaltete Fernbedienung BRM-1 gehört in der North
Collection beim Vollverstärker 641, sowie bei den
Vorstufen 791 und 891 zum Lieferumfang. Sie kann aber
auch einzeln für 1.000 Euro gekauft werden, etwa für den
Streamer 681, bei dem sie nicht zum Lieferumfang gehört.
Pro Gerät lassen sich zwei dieser Fernbedienungen
verbinden. Eine für den Hörsessel, die andere für das
Sofa oder den Schreibtisch, beispielsweise. Ein
ziemlicher Luxus bei dem Preis, aber nett, dass es geht.
Eines der absoluten Highlights ist die Fernbedienung
BRM-1
Die BRM-1 ist in der Audiowelt ziemlich einmalig. Wer
Gemeinsamkeiten beispielsweise mit Devialets
Fernbedienung der Expert-Serie oder der Remote der
Phantom-II-Lautsprecher erkennen will, liegt zwar nicht
ganz falsch, aber Moon geht an entscheidenden Stellen
noch einen Schritt weiter.
Das ovale, leicht geneigte Gehäuse mit dem prominenten
Drehregler an der Oberseite erinnert eher an einen
3D-Controller aus der Computerwelt. Die untere Hälfte
des Gehäuses besteht aus Kunststoff und dient als Sockel.
An dessen Unterseite ist ein On/Off-Schalter und eine
USB-C-Buchse zum Aufladen des integrierten Li-Ion-Akkus
über jeden USB-Ladeport. Abgeschlossen wird der Sockel
von einer perfekt an die Form angepassten, dicken
Scheibe Alu. Die trägt wiederum das große Drehrad in das
ein grafisches OLED-Display mit vier umgebenden
Touch-Buttons eingelassen ist. Das Display schaltet sich
einige Sekunden nach der letzten Bedienung ab, das Rad
dreht sich wunderbar leichtgängig und sanft.
Damit die Fernbedienung jederzeit schnell wieder
aufwacht, verfügt sie einerseits über einen sehr
empfindlichen Bewegungssensor. Schon die leiseste
Erschütterung reicht und das Display geht an. Zusätzlich
sitzt im Display ein (nicht ganz so empfindlicher)
Annäherungssensor. Nähert man sich mit der Hand bis auf
ca. 1 cm, aktiviert sich das Display. Die „Aufwachphase“
dauert nur einen Sekundenbruchteil. Bei einem schnellen
Griff und Dreh am Rad braucht es dadurch einen kurzen
Gedenkmoment bis der Verstärker erstmalig darauf
reagiert, aber dann erfolgt die Umsetzung der Befehle
mit unmerklich geringer Latenz, also praktisch wie mit
einem analogen Lautstärkepoti.
1. Die Form erinnert an 3D-Controller
2. An der Unterseite ist ein USB-C-Port zum Aufladen und
ein On/Off-Schalter
3. Die BRM-1 ist primär für den Tisch gedacht, liegt
aber auch gut in der Hand
Die BRM-1 arbeitet mit Bluetooth und kommuniziert
bidirektional mit dem 791. Das heißt, die Fernbedienung
zeigt im Display die aktuelle Lautstärke und die
gewählte Quelle an. Auch am Gerät wird der Pegel im
Display während des Regelns sehr groß und deutlich
angezeigt. Besser geht es kaum.
Die vier Touch-Buttons der BRM-1 dienen im normalen
Betrieb zur Musiksteuerung und zum Stummschalten der
Lautsprecher. Eine kurze Berührung in der Mitte des
Displays, und die Remote schaltet um auf Quellenwahl.
Die im Setup aktivierten Quellen können nun durch das
Drehen des Rades ausgewählt werden. Eine etwas längere
Berührung des Displays schaltet in eine weitere
Menüebene, die mit dem Power-Symbol beginnt. Noch mal
kurz antippen und das System wird ausgeschaltet. Clever
ist auch, dass die Fernbedienung nun „weiß“ dass die
Geräte ausgeschaltet sind. Bei der nächsten Berührung
der BRM-1 muss nicht erst das Untermenü aufgerufen
werden, um die Geräte wieder einzuschalten. Einmal das
Display antippen reicht, um das System aufzuwecken.
In besagtem Untermenü finden sich noch einige weitere
Punkte. Hier kann etwa die Kanal-Balance verstellt
werden und es gibt eine Prozent-Anzeige für den
Akkustand. Die Untermenüpunkte werden durch die
Touch-Buttons rechts und links neben dem Display
durchgeschaltet. Was mir hier fehlt, ist eine
Möglichkeit, das Gerätedisplay auszuschalten. Dazu
später noch mehr.
Der Akku der BRM-1 ist ausreichend groß bemessen. Im
Test hat er bei normaler täglicher Benutzung pro 24
Stunden nur etwa 1% oder noch weniger verloren, sodass
er im Idealfall gut 100 Tage durchhalten sollte, bis
nachgeladen werden muss. Dabei habe ich die BRM-1 bei
Nichtbenutzung nie über den Hauptschalter deaktiviert.
Anschlüsse und Bedienelemente
Die Moon Vor- und Endstufe bietet so ziemlich alles an
Konnektivität, was das Herz begehrt und was die moderne
Netzwerk-Welt erfordert. Beginnen wir mit der 791. Trotz
ihres High-End-Anspruchs verzichten die Kanadier weder
auf WLAN noch auf Bluetooth, wofür zwei Antennen
mitgeliefert werden. Aber natürlich ist auch eine
Ethernet-Verbindung möglich. Wird die genutzt, hat sie
Priorität vor WLAN. Die Antennen werden außerdem bei
aktiver Ethernet-Verbindung deaktiviert und können im
Karton verbleiben. Ein zweiter LAN-Port kann dazu
genutzt werden, ein weiteres Netzwerkgerät (etwa einen
Smart-TV) anzuschließen, oder um darüber die
MoonLink-Kommunikation zur Endstufe herzustellen, die
ebenfalls zwei LAN-Ports hat.
Die Anschlüsse des 791
Mit fünf Digitaleingängen (1x AES, 2x Coax, 2x TOS) plus
HDMI ARC plus USB-Audio, plus USB-Media, sowie zwei
Cinch- und einem XLR-Analogeingang geht es weiter. Einer
der Analog-Eingänge kann wahlweise als Phono-Input
dienen. Und das ist hier keineswegs nur eine billige
Dreingabe. Im Gegenteil: Die im 791 integrierte
Phono-Vorstufe unterstützt MM- und MC-Abtaster und lässt
sich für beide System individuell anpassen. Neben
einigen Standardwerten für Gain, Impedanz und Kapazität
können auch individuelle Werte eingestellt werden.
Außerdem gibt es umschaltbare Kennlinien nach RIAA und
IEC. – Da wird so manch spezialisierter
Phono-Vorverstärker blass.
Raus geht es bei der 791 nur analog, wahlweise
symmetrisch oder unsymmetrisch. Noch was? Ach ja, es
gibt auch noch Trigger-Ports, um fremde Endstufen oder
Lautsprecher mit entsprechendem Anschluss
ferneinschalten zu können. Und zum krönenden Abschluss
hat die 791 noch zwei weitere XLR-Buchsen. Die sind für
ein geplantes, externes Super-Netzteil vorgesehen.
Auch die Rückseite der Endstufe 761 bietet so manche
Besonderheit. Die beiden RJ45-Buchsen für LAN hatte ich
schon erwähnt. Im Zusammenspiel mit einer
MoonLink-kompatiblen Vorstufe wie dem 791 kann die
Endstufe darüber nicht nur ein- und ausgeschaltet
werden. Auch die Helligkeitssteuerung der LED kann auf
Wunsch – je nach Einstellung im 791 – der Vorstufe
folgen (aber beim aktuellen Softwarestand nicht
ausgeschaltet werden). Über das Internet und das
MoonLink-Menü der Vorstufe kann außerdem die Firmware
der Endstufe ggf. aktualisiert werden.
Die Anschlüsse der Endstufe 761
Neben den üblichen Signalanschlüssen – Cinch und XLR,
sowie herrlich griffigen Lautsprecherterminals – besitzt
die 761 noch eine ganze Palette an Kippschaltern. Einer
davon dient zum Umschalten in den gebrückten Modus. Mit
einer zweiten 761 im Mono-Modus können bis zu 600 Watt
pro Kanal an 8 Ohm mobilisiert werden. Im Stereo-Betrieb
leistet die 761 gut 200 Watt an 8, 400 Watt an 4 und 600
Watt an 2 Ohm.
Zwei weitere Schalter (einer pro Kanal) sind mit AC / DC
beschriftet. Wer eine Vorstufe anschließt, die
Gleichstromanteile ausgibt, was zu Brummen führen kann,
stellt diesen Schalter auf AC. Mit der 791 ist die
Stellung DC die Richtige. Dann sind da noch je ein
Schalter pro Kanal, um zwischen XLR und Cinch-Eingang
umzuschalten.
Und ein letzter Kippschalter neben den LAN- und
Trigger-Ports dient zum Umschalten des Standby-Modus.
Hier hat der Nutzer die Wahl zwischen dem was Moon als „Regular“
bezeichnet und einer „Low“-Einstellung. Im ersten Modus
bleibt die Endstufe im Standby nahezu voll eingeschaltet.
Der Stromverbrauch verringert sich damit nur geringfügig
von rund 55 Watt im Leerlauf auf 50 Watt. Aus
klanglichen Gründen mag das Sinn ergeben, aber bei uns
ist der Strom auch nicht so billig wie in Nordamerika.
Vom Umweltaspekt mal ganz abgesehen. Darum nutzte ich
stets die Schalterstellung „Low“. Damit beträgt der
Standby-Verbrauch nur etwa 1,2 Watt. Wobei ich darauf
hinweisen sollte, dass es sich hierbei um einen
sogenannten Netzwerk-Standby handelt. Die Endstufe kann
daraus jederzeit per MoonLink aufgeweckt werden.
Alles in allem bieten die beiden Moon-Komponenten eine
enorme Anschlussvielfalt und damit Flexibilität für den
Nutzer. – Exzellent.
Die Technik der North Collection
Manche Hersteller von High-End HiFi-Produkten sind
äußerst mitteilsam, wenn es um die von ihnen
entwickelten oder eingesetzten Technologien geht. Wie
etwa KEF oder auch Auralic bei Streaming-Devices. Moon
ist in dieser Hinsicht zwar nicht wirklich verschlossen,
aber auf den Produktseiten der North Collection findet
man kaum technische Details. Da werden nur schicke
Marketing-Akronyme wie MDCA, M-Vol3 oder M-Ray2 gestreut,
lediglich ergänzt um kurze Hinweise, worauf sich das
bezieht. Zum Beispiel, dass MDCA für „Moon Distortion
Cancelling Amplifier“ steht.
Auf Nachbohren beim Hersteller und Vertrieb bekam ich
Einblick in ein Dokument mit technischen Beschreibungen,
das vermutlich später als Whitepaper auch öffentlich
zugänglich sein wird. Damit wird einiges verständlicher.
Aber nicht alles. Hier nur ein paar Auszüge
zusammengefasst.
Unter der Haube des 791: Digital und analog gehen hier
Hand in Hand
Beginnen wir mit dem Netzteil namens MHP, das in den
Moon-Modellen 390, 681, 791 und 891 zum Einsatz kommt.
Das Kürzel steht für „Moon Hybrid Power“ und beschreibt
ein selbst entwickeltes Netzteil, welches die Vorteile
herkömmlicher linearer Netzteile mit denen moderner
Schaltnetzteile verbinden soll. Also vor allem hohe
Effizienz mit linearem, rauscharmen Betrieb. Viel weiter
gehen die Beschreibungen aber nicht. Etwa, ob es sich um
ein ähnliches Prinzip wie bei T+A oder auch den Aavik „Resonant
Mode“ Schaltnetzteilen handelt, die mit Sinus- statt
Rechtecksignalen takten.
Es soll demnächst noch ein externes Netzteil geben,
welches eine noch bessere Regulierung und Rauscharmut
bieten soll. Entsprechende Anschlüsse sind dafür an den
Modellen 681, 791 und 891 bereits vorhanden.
Eine weitere Lösung nennt sich MDE, was für „Moon
Digital Engine“ steht. In der North Collection kommen
drei Varianten zum Einsatz: MDE-1 im Streaming-DAC 691,
MDE-2 im 791 und MDE-3 im 891. Alle MDE-Versionen
arbeiten mit einem FPGA-basierten Reclocking des
Eingangssignals. Die Unterschiede liegen hauptsächlich
in der Wahl des DAC und in der Präzision des Reclockings.
So kommt im 681 als DAC ein ES9028Pro-Chipset zum
Einsatz. Im 791 ist es ein ES9038Pro und im 891 sind
zwei Stück ES9038Pro verbaut. Diese Chips finden sich
auch in erheblich günstigeren DACs. So hat
beispielsweise der FiiO R9 (knapp 1.500 Euro) ebenfalls
zwei ES9038Pro in seiner Schaltung. Die Ausführung und
das Reclocking per FPGA sind aber nicht vergleichbar.
Moon verspricht für die Modelle 681 und 791 eine
Taktgenauigkeit auf Pikosekunden-Niveau, für den 891
sogar auf Femtosekunden-Niveau. Auch hier sagen die
Zahlen allein wenig aus, denn es gibt viele erheblich
billigere DACs mit Femto-Clocks. Diese arbeiten aber
meistens mit Quarz-basierten Oszillatoren als Taktgeber
und selten mit FPGA-Reclocking. Welche Methode die
bessere ist, lässt sich außerhalb
technisch-philosophischer Spekulationen kaum
herausfinden. Da zählt am Ende nur der Hörtest.
Zwei weitere schicke Akronyme: M-Vol3 und M-Ray-2. Beide
beziehen sich auf Technologien zur Lautstärkeregelung
und sind Weiterentwicklungen früherer Varianten der
jeweiligen Schaltungen. Im 791 und im Vollverstärker 641
kommt M-Vol2 zum Einsatz, im 891 ist es M-Ray2. Die
Steuerung der Lautstärke erfolgt rein elektronisch.
Drehungen am Lautstärkeregler werden von einem optischen
Encoder übersetzt. Der Pegel kann aber auch über die
MiND-App oder über Roon gesteuert werden. Die
eigentliche Pegelanpassung erfolgt über ein
Chip-basiertes (im 891 diskretes) Widerstandsnetzwerk
und kann extrem fein in 140 Stufen eingestellt werden.
Beim 891 sind es wahlweise sogar 640 Schritte.
Auch diese Lösungen sind im Grundprinzip alles andere
als neu. Viele Hersteller (als Beispiel sei auch hier
T+A genannt) nutzen wie im 891 diskrete
Widerstandsleitern, andere wiederum Chip-basierte
Lösungen. Die finden sich sogar in einigen Dongle-DACs.
Also auch hier gibt es (auf dem Papier) nichts in den
Moon-Komponenten, was wir nicht schon anderswo gesehen
hätten.
Beide von Moon entwickelten Pegelregelungen versprechen
höchste Kanalgleichheit (besser als 0,1 dB), kürzeste
Signalwege, absolut verlustfreie Regelung – auch im
untersten Bereich – und Präzision. Hervorzuheben ist
hierbei, dass die Moon-Lösung vollkommen ohne
Nebengeräusche arbeitet. Es gibt weder irgendwelches
Relais-Geklacker noch feine Knacksgeräusche beim Regeln,
wie ich es von anderen Geräten mit ähnlichen Lösungen
kenne.
Blick in das Innenleben der Endstufe 761. Zwei mächtige
Trafos und Doppelmono-Aufbau
Kommen wir zur Endstufe, die im Kern eine klassische
Class-AB-Schaltung nutzt. Die hat Moon allerdings in 40
Jahren immer weiter verfeinert und verbessert, wozu auch
proprietäre Bauteile wie maßgefertigte bipolare
Transitoren gehören.
In den Leistungsstufen des 641, 761 und 861 kommt die
oben erwähnte Schaltung MDCA zum Einsatz. Diese
vergleicht außerhalb des Signalweges das Eingangs- mit
dem Ausgangssignal und führt etwaige Korrekturen
verzögerungsfrei direkt in der Ausgangsstufe durch. MDCA
soll früheren und ähnlichen Korrekturschaltungen
deutlich überlegen sein und für unerreicht niedrige
Verzerrungen und Rauschen sorgen. Des Weiteren soll MDCA
eine größere Bandbreite und einen höheren
Dämpfungsfaktor ermöglichen. Für die 761 nennt Moon
einen Dämpfungsfaktor von 800, was gut, aber keineswegs
spektakulär ist. Die kleine T+A A 200 (siehe
Testbericht) bietet in ihrer Standardeinstellung einen
ähnlich hohen Wert. Manche Schaltungsarten erreichen
noch sehr viel höhere Werte. Der Dämpfungsfaktor ist
aber seit je her ein kontrovers diskutiertes Thema.
MDCA-Blockschaltbild: das Grundprinzip ist nicht neu,
soll hier aber Großartiges bewirken
Fassen wir zusammen: Absolut neue, nie dagewesene und
außergewöhnlich exotische Technologien sind in den
Komponenten der North Collection nicht zu finden.
Zumindest nicht, soweit es die Beschreibungen hergeben.
Doch das ist keine Kritik. Jede einzelne Lösung hat Moon
über viele Jahre oder gar Jahrzehnte geschickt
weiterentwickelt und optimiert. Solange am Ende das
Ergebnis überzeugt, sind sämtliche Prospektdaten und
Philosophien Makulatur.
Moon 791 und 761 in der Praxis
Nachdem ich die zuvor bereits benutzten und weitgehend
eingespielten Testgeräte auf ihren Einsatzort gewuchtet
hatte, begann die „heiße Phase“ des Kennenlernens. Bei
Anschluss und Verkabelung gab es wie erwartet keine
Komplikationen. Anders sieht es manchmal mit der
Bedienung von Streaming-Komponenten aus. Doch zum Glück
erwies sich die 791 als hervorragend gut durchdacht und
logisch konzipiert. – Sofern man eine kleine
Besonderheit berücksichtigt: Das Setup der 791 lässt
sich nicht mittels der zugehörigen Moon MiND-App und
auch nicht mit der Fernbedienung erledigen. Alle
Einstellungen zur Individualisierung der Vorstufe müssen
am Gerät erfolgen.
Das geht aber super einfach mit nur zwei Tasten und dem
großen Drehknopf. Die Taste „Setup“ ruft das Menü auf,
wo alle Punkte untereinander aufgelistet sind. Das
Scrollen erfolgt mit dem Drehknopf. Mit der „OK“-Taste
wird ein Menüpunkt ausgewählt, ein erneuter Druck auf
Setup führt eine Menüebene zurück.
Der große, aus dem Vollen gedrehte Regler läuft
butterweich
Ok, es gibt manche Dinge, die definitiv einfacher wären,
wenn man sie in der App erledigen könnte. Etwa, wenn man
den Eingängen individuelle Namen geben möchte, was mit
einer Bildschirmtastatur viel leichter von der Hand
ginge, als mit drehen und drücken am Gerät. Aber im
Großen und Ganzen ist das Setup der 791 äußerst einfach
und flott.
Erfreulich ist dabei auch, wie sinnvoll die verfügbaren
Features sind. Fast alle aus meiner Sicht wirklich
wichtigen Dinge sind vorhanden. Nur ein paar Beispiele:
-
Die Eingänge lassen sich
umbenennen und nicht benutzte Eingänge können
deaktiviert werden, sodass sie in der Quellenauswahl
nicht auftauchen. In der MiND-App können außerdem
nicht benötigte Dienste ausgeblendet werden. Und es
kann für jeden Eingang ein Gain Offset eingestellt
werden, um etwaige Lautstärkeunterschiede
auszugleichen.
-
Die XLR- und Cinch-Ausgänge
können unabhängig voneinander auf Fixed Level oder
variabel eingestellt werden.
-
Im Menü MoonLink können Geräte
wie der 791 und 761 verbunden und weitere
Komponenten zu Gruppen zusammengefasst werden. Dabei
kann über das Display-Menü auch eingestellt werden,
dass die LED der Endstufe zusammen mit dem Display
des Vorverstärkers gedimmt wird. Dank dieser
Verbindung ist es auch möglich, Firmware-Updates
über die Vorstufe in die Endstufe einzuspielen. (Ähnliche
Systemverbindungen gibt es beispielsweise bei T+A).
-
Für das Display gibt es (unter
anderem) neben manueller Helligkeitseinstellung in
100 Schritten auch eine Adaptive Brightness, welche
die Display-Helligkeit automatisch an das
Umgebungslicht anpasst.
-
Es können eine
Einschaltlautstärke und eine Maximallautstärke
festgelegt werden.
Diese und weitere Systemfeatures des 791 sind wirklich
äußerst praxisnah und gut durchdacht. Beim aktuellen
Softwarestand fehlen mir nur wenige Dinge. So wäre es in
manchen Situationen sinnvoll, eine Startquelle festlegen
zu können, die automatisch beim Einschalten aktiviert
wird. Und ich wünsche mir auch eine Funktion, das
Display zusammen mit der LED der Endstufe über die
Fernbedienung abschalten zu können – für den Kino-Abend.
1. Das Display des 791 ist mit 4 Zoll nicht riesig,
aber hervorragend ablesbar.
2. Ein guter Schwarzwert (für ein LCD) und hohe
Helligkeitsreserven sorgen für einen tollen Kontrast.
Hier im Vergleich zu dem Display des Nubert nuConnect X,
dessen Anzeige blasser wirkt.
3. Das Display ist auch vergleichsweise gut entspiegelt
Einer meiner „Angstgegner“ in Praxistests ist HDMI ARC.
Im Menü des 791 können dafür einige Parameter
eingestellt werden. Etwa, ob via ARC nur der Ton
wiedergegeben werden soll oder ob auch die CEC-Befehle
für Lautstärke und On/Standby verarbeitet werden sollen.
Das erhöht die Kompatibilität. Und erstaunlicherweise
funktionierte HDMI ARC an meinem TV auch auf Anhieb wie
gewünscht – zumindest eine Weile …
Nach drei Tagen einwandfreier Funktion meldete mein
Fernseher (ein Samsung Topmodell aus 2022) am vierten
Tag plötzlich, dass mein Audiogerät (der 791) an einem
nicht unterstützten ARC-Anschluss verbunden wäre, und
dass ich das Kabel doch am HDMI-Eingang 3 des TV
anschließen möge. Wo es allerdings von Anfang an steckte.
Keine Ahnung, wieso das passierte, und welche Komponente
das Problem verursachte. Ein Software-Update hatte es
zwischenzeitlich weder am 791 noch am TV gegeben und die
verschiedenen Menüoptionen im 791 änderten auch nichts.
HDMI ARC und ich, wir werden wohl keine Freunde mehr.
Ich bleibe bei Toslink für den TV-Ton.
HDMI ARC ist immer für Überraschungen gut. Näheres,
siehe Text
Von den üblichen HDMI-Sperenzchen abgesehen, für die
Moon vermutlich gar nichts kann, brillierte das Test-Duo
mit einer hervorragenden Zuverlässigkeit und
Geschmeidigkeit im Betrieb. Nie gab es auch nur das
leiseste Klicken oder Knacksen. Relais hört man nur beim
Ein- und Ausschalten, sowie beim Umschalten auf einen
Analogeingang. Auch Aussetzer bei der Wiedergabe über
diverse Streaming-Wege waren nicht zu beklagen. Die
Lautstärkeregelung arbeitet absolut geräuschlos und wird
nicht von Knacksgeräuschen begleitet. Was so
selbstverständlich zu erwarten wäre, ist längst nicht
bei allen Streamern Realität.
Die MiND-App und eine unbequeme Wahrheit
Vorab zur Entwarnung: Grundsätzlich ist mit der MiND-App
alles ok. Wer andere Apps dieser Art kennt, findet sich
nach kurzer Eingewöhnung schnell zurecht. Die
Integration von Streamingdiensten wie Qobuz ist
ordentlich gelöst. Hier ein paar Screenshots vom iPad:
1. Die Streaming-Optionen: Nicht benötigte Quellen
können ausgeblendet werden
2. Qobuz in der MiND-App
3. Internet-Radio
4. Stationen können auch nach hoher Qualität gesucht
werden. Allerdings zeigt die App die Auflösung nicht an.
Und verwandte Sender werden nicht erkannt, wie hier bei
Radio Paradise
Die in der Kapitelüberschrift angedeutete unbequeme
Wahrheit liegt darin, dass es bei einigen deutlich
günstigeren Streamern von Massenherstellern Apps gibt,
die einen noch besseren Eindruck machen und die auch
wesentlich intensiver gepflegt werden.
Wir müssen hier der Tatsache ins Auge sehen, dass
kleinere High-End-Hersteller (womit ausdrücklich nicht
nur Moon gemeint ist) selten dieselben Ressourcen in die
App- und Software investieren, wie manche
Großserienhersteller. Da sich die Qualität aber nur
teilweise durch App-Details definiert, ist dies nur als
Randbemerkung zu verstehen. Für Nutzer von Roon, sowie
Spotify oder Tidal (wegen Connect) ist die Companion-App
des Herstellers sowieso eher nebensächlich, weil sie
kaum genutzt wird. Kurzum: Bei der MiND-App gibt es noch
Luft nach oben. Die Macher sind sich dessen bewusst und
arbeiten hart daran.
Vielseitig mit einem Schuss Purismus
Das führt mich zu einem anderen Punkt in Sachen
Funktionsumfang. Moon verzichtet in den neuen
Komponenten ganz bewusst auf einige gängige digitale
Features. So gibt es beispielsweise keine umschaltbaren
Digitalfilter für den DAC, wie sie bei zahlreichen
anderen DACs aller Preisklassen zu finden sind. Ist das
schlimm? Keineswegs. Diese Filtervarianten bringen meist
nur marginale Unterschiede und lenken eher vom
Musikgenuss ab, als wirklich nützlich zu sein. Die
Moon-Streamer sind quasi vom Werk aus auf die
bestmögliche Einstellung getrimmt. Ich bin damit vollauf
einverstanden.
Etwas kritischer sieht es bei einer anderen
Funktionslücke aus. Die North Collection bietet auch
keinerlei DSP-Features. Weder voreingestellte EQ-Kurven
noch einen parametrischen EQ, geschweige denn eine
Raumeinmessung und auch kein Subwoofer-Management. Die
Kanadier verfolgen in dieser Hinsicht einen eher
puristischen Ansatz, der auf Klangverbiegungen aller Art
verzichtet. Auch dagegen habe ich nichts einzuwenden.
Interessenten müssen sich lediglich entscheiden, ob sie
auf diese digitalen Hilfen verzichten können und wollen.
Oder ob sie ggf. auf anderem Wege, etwa über Roon MUSE,
der Raumakustik nachhelfen wollen.
Und es gibt noch etwas, worauf Moon verzichtet. Einen
integrierten Kopfhörerverstärker sucht man in der North
Collection vergeblich. Was ich ebenfalls nachvollziehbar
finde, denn absolute Kopfhörer-Enthusiasten dürften sich
ohnehin lieber für einen externen Amp entscheiden, der
Ihre Bedürfnisse bei der Kopfbeschallung optimal
bedient. Und wer weiß? Vielleicht gibt es irgendwann ja
auch mal einen Kopfhörerverstärker in der North
Collection. Dass die Kanadier sich damit auskennen,
haben sie schon mit dem 430 HAD im LowBeats-Test
eindrucksvoll bewiesen.
So kann ich für die Moon-Kombi festhalten:
> die Technik muss ausgereift sein – Check
> die Funktionen müssen sinnvoll und praktisch sein –
Check
> die Bedienung muss einfach und komfortabel sein –
Check
Klangtest: „After All is Said and Done“
Ok, wirklich alles ist noch nicht gesagt und getan, aber
nun geht’s um die Wurst. An meine Referenzlautsprechern
Børresen 02 SSE angeschlossen, mussten der 791 und 761
ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Die Børresen haben ein paar einmalige Eigenschaften, die
sie zum Durchleuchten der angeschlossenen Komponenten
besonders prädestiniert. So sind sie die am wenigsten
nach Lautsprecher klingenden dynamischen (Gehäuse-)
Lautsprecher, die ich kenne. Mit ihrer Luftigkeit und
Schnelligkeit ähnelt ihr Charakter eher dem allerbester
Kopfhörer. Kleinste Änderungen an der Kette davor
enthüllen sie gnadenlos.
Ich gehe es sachte an und spiele den in der
Kapitelüberschrift genannten Titel von Junip. Ein
wunderbar relaxter und sphärischer Song, der die Sinne
beruhigt. Nicht unbedingt die audiophilste Klangperle,
aber sehr schön. Kurz nach den ersten Takten mit dem
langsamen „Bumm – Tack“ vom Schlagzeug möchte ich am
liebsten Pause drücken, um darüber nachzudenken. Was ist
da gerade passiert? Mit einer derart räumlichen und
griffigen Abbildung habe ich das Intro des Songs noch
nie gehört. Aber erst mal weiter zuhören …
Das Album Junip, der gleichnamigen schwedischen Band,
wurde in Göteborg aufgenommen
Im weiteren Verlauf des Titels, wenn mehr Synthesizer
und Nebengeräusche hinzukommen, verfestigt sich das Bild.
Einige Details habe ich so noch nie über die Børresen
wahrgenommen. Dabei ist mein Front-End mit dem Trinnov
Amethyst als Streamer, sowie der Aavik-Kombination aus
DAC D-280 und Vollverstärker I-580, ganz sicher kein
Detailverächter.
Über die nächsten Stunden genoss ich dann erst mal alle
möglichen Tracks und Alben, die ich irgendwie mag.
Früher eine meiner Standard-CDs für Hörtests, habe ich
Kate Bush’s Aerial (2005) nun schon einige Jahre nicht
mehr aufgelegt bzw. gestreamt. Klanglich eine
überdurchschnittlich gute, aber nicht explizit
audiophile Aufnahme, war es ein Hochgenuss solche Tracks
wie „Pi“ oder „Nocturn“ mit den Moon-Komponenten an den
Børresen zu erleben.
Kate Bushs Album „Aerial“ erschien im November 2005
Nicht nur über Stunden, sondern über Tage und Wochen,
während derer ich mich durch meine Playlists hörte,
ergab sich nach und nach ein vollständiges Bild.
Nach einigen Tagen ausschließlich mit der Moon-Kombi
begann ich außerdem Quervergleiche zu anderen Vorstufen
und Streamern anzustellen, wie dem Nubert nuControl X.
Auf diese Weise ließ sich auch feststellen, welchen
Anteil die Vorstufe 791 und welchen die Endstufe 761 zum
Gesamtbild beisteuerten. Der Austausch der Vorstufe
gegen den nuControl X war ein besonderer Augenöffner.
Ohne die 791 war das zuvor so bewunderte plastische und
tiefe Klangbild plötzlich deutlich verschleierter. Nur
so nebenbei: auch der Nubert verfügt über einen
ES9038Pro und eine aufwändige analoge Vorstufe. Und in
seiner Preisklasse ist der Schwäbisch-Gmünder eine echte
Sensation. Aber der 791 distanzierte ihn so mühelos, wie
ich es niemals erwartet hätte.
MOON 761
Sie mögen jetzt einwenden, dass das auch zu erwarten
wäre, schließlich kostet der 791 fast dreieinhalb Mal so
viel wie der Nubert. Aber selbst, wenn wir
berücksichtigen, dass Klangsteigerungen im HiFi stets
mit exponentieller Preissteigerung einher gehen, ist der
Vorsprung der 791 hier doch verblüffend. Auch der rund
10.000 Euro teure Trinnov Amethyst kam nicht annähernd
an die traumhafte Darbietung des Moon heran. Andere,
noch teurere Streamer/Vorstufen hatte ich nicht zum
Vergleich. Doch aus der Erinnerung heraus hat mich
selbst der ab 22.500 Euro teure dCS Bartók APEX nicht so
geflasht.
In der Kombination mit der Endstufe distanzierte das
Moon-Duo auch meinen in Sachen Ausgangsleistung noch
stärkeren Referenz-(Voll-)Verstärker Aavik I-580 (Test)
und schlug diesen selbst in seinen Paradedisziplinen,
wie der Schwärze des Klangbilds und Basspräzision.
Wenn ich einen Oberbegriff nennen sollte, um den Klang
der Moon-Kombi am treffendsten zusammenzufassen, dann
ist es Erhabenheit. Zugegeben: Das hört sich irgendwie
pathetisch an, aber es passt. Einzelne Attribute wie
Transparenz, Plastizität, Ausgewogenheit, Kraft,
Schnelligkeit und viele andere wären nur Schubladen für
Einzelkriterien, die nicht das Gesamtbild vermitteln und
nicht die wunderbare Musikalität beschreiben, um die es
uns letztendlich doch geht.
Die Kombination aus Moon 791 + 761 ist absolut
referenzwürdig
Einfach mal abschalten und in die Musik eintauchen geht
mit diesem Traum-Duo wie selbstverständlich. Das liegt
wohl auch daran, weil man mit der Moon-Kombi weniger von
kleinen Ungereimtheiten abgelenkt wird, wodurch die
analytischen Bereiche im Hirn das Genusszentrum
überlagern würden. Wie bei Pixelfehlern auf einem
Bildschirm. Hat man erst mal einen entdeckt, sieht man
ihn fortan permanent. Die Moon-Kombi kommt ohne (metaphorische)
Pixelfehler aus.
Fazit Moon 791 + 761: wahre Meisterstücke
Ich behaupte nicht, der 791 und 761 wären unschlagbar
und es gäbe nichts Besseres. Aber ich kenne einige noch
viel teurere Kombis, die mich längst nicht so sehr
überzeugt haben. Weder im Klang noch in ihren
Praxiseigenschaften.
In beinahe jeder Einzeldisziplin (außer der App) spielt
der Streaming-DAC-Vorverstärker 791 in der höchsten
Liga. Mit seinem sagenhaft lebensechten und
dreidimensionalen Klang und auch mit der tollen
Fernbedienung BRM-1 hat er mich vollends für sich
gewonnen. Die Endstufe 761 komplettiert das Erlebnis mit
ihrer in jeder Situation souveränen und kontrollierten
Art. Zusammen jedoch sind die 791 und 761 mehr als die
Summe ihrer Teile und bilden ein echtes Traumgespann,
das nur wenige Gegner zu fürchten braucht. Eine
Steigerung verspricht Moon zumindest noch mit der 891
und 861, die allerdings den Preis nochmals deutlich in
die Höhe treiben.
Dass die Kanadier mit der North Collection dieselben
gelungenen Grundideen in drei preislich
unterschiedlichen Klassen anbieten, ist äußerst löblich.
Die mittlere Stufe dieses Konzepts mit dem 791 und 761
hat mich jedenfalls so sehr überzeugt, dass sie künftig
der kleinen, aber illustren Schar der
LowBeats-Referenzen angehören darf. Glückwunsch nach
Kanada für dieses überzeugende Gesamtpaket!
Ergänzend zu unserer üblichen kurzen Plus/Minus-Übersicht
unter dem Wertungskasten, hier noch eine ausführlichere
Liste der Eigenschaften, einschließlich der
Fernbedienung:
Stereo-Endstufe 761:
+ ungeheure Schubkraft und Kontrolle
+ äußerst feine und transparente Mitten und Höhen
+ extrem rauscharm
+ Gehäusearchitektur, Material- und
Verarbeitungsqualität
+ hohe Leistung, sehr laststabil
+ brückbar
+ Gleichstrom-Entkopplung des Signals möglich
+ MOONLink
+ Trigger
+ Firmware OTA-Updates über 791 möglich
+ umfangreiche Schutzschaltungen
+ gute Energie-Effizienz, geringe, gleichmäßig verteilte
Wäremeentwicklung
– „Display off“ am 791 schaltet die LED des 761 nicht
aus (per Firmware behebbar)
Streaming-Vorverstärker 791:
+ überwältigend klarer, natürlicher Klang auf
Referenzniveau
+ Geniale Fernbedienung BRM-1 im Lieferumfang
+ Gehäusearchitektur, Material- und
Verarbeitungsqualität
+ fantastische Haptik mit herrlichem Drehregler
+ einfache, logische Bedienung
+ umfassend konfigurierbar
+ praxisorientierte Features
+ MM/MC-Phonovorstufe, individuell anpassbar
+ kontraststarkes, helles Display
+ Anschlussvielfalt
+ MOONLink
+ Trigger
+ OTA Firmware-Updates
+ optional externes Netzteil (in Vorbereitung)
+ alle wichtigen Dienste und Formate unterstützt
– Systemeinstellungen nicht per MiND-App möglich, kein
Web-Interface
– keine DSP-Funktionen, kein Sub Out / Sub Management
Systemfernbedienung BRM-1:
+ großes, haptisch angenehmes Drehrad für LS-Regelung
+ Touch-Buttons für Musiksteuerung
+ grafisches OLED-Display
+ Bidirektionale BT-Verbindung
+ gute Akkuausdauer
+ nachladen per USB-C
+ Bewegungs- und Annäherungssensor
+ massives, hochwertiges, formschönes Gehäuse
– könnte noch mehr Funktionen bedienen (z. B. Display
off)
Bewertung
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Großartiger
Klang
durchdachtes
System-Konzept
Material,
Verarbeitung und Haptik
Geniale
Fernbedienung |